Als Rasenmäher sind sie problematisch

Mein traurigstes Ziegenerlebnis offenbart eine Kehrseite dazu und sei nachstehend geschildert: Auf einer nahen Koppel war eine Ziegenmutter mit ihrem Kitz am Grasen.

Hausziegen
Als Haustiere gehören Ziegen - besonders natürlich in jungen Jahren - zu den lustigsten, einfallsreichsten und originellsten Geschöpfen. In der Rangliste intelligent begabter Tiere stehen sie recht weit vorn. Allerdings sind sie auch sehr eigenwillig.
Huftiere

Die Mutter angepflockt, das Kind frei beweglich. Natürlich spielten beide, so dass es nicht ausblieb, dass die Mutter beim Umrunden des Pfahls, der ihr Seil hielt, immer näher an diesen Pfahl gezogen wurde. Die Ziegenbesitzerin hatte den Fehler begangen, das Halteseil ohne beweglichen Tüder um den Ziegenhals zu schlingen.

Um die tragische Geschichte kurz zu machen: Die Ziege erdrosselte sich selbst. Als mir auffiel, dass da auf der Koppel ein Zicklein schrie und die Mutter unbeweglich am Pfahl verharrte, war es schon geschehen. Die Ziegenbesitzerin war untröstlich. Denn wer eine Ziege hat, schätzt und liebt sie auch. Nicht wenige Ziegen, die frei umherlaufen, kommen ungeniert ins Haus, wo sie je nach Mentalität ihre Anhänglichkeit beweisen oder ihre Neugier befriedigen dürfen.

Wenn neben Schafen auch Ziegen als vierbeinige Rasenmäher empfohlen werden, dann wird mancher Grundstücksbesitzer unvermutete und unerwünschte Erfahrungen machen. Denn Ziegen sind durchaus nicht nur auf Teppichrasen programmiert, sie ziehen häufig Sträucher, Koniferen, Stauden und Blumen vor. So kann es passieren, dass der Rasen - vielleicht durch Dünger oder Unkrautvertilger denaturiert und wenig schmackhaft - von der Ziege gänzlich verschmäht wird. Ziegen sind Feinschmecker, die sich die Gräser und Grünstellen, von denen sie Gebrauch machen, gut aussuchen. Davon wussten schon die Schneiderssöhne im Märchen Bescheid, die aus Ziegenmund zu hören bekamen: "Ich bin so satt, ich mag kein Blatt ..."

Das freilich ist gewiss nicht der Grund, dass Ziegen heute nicht mehr so gefragt sind. Die "Kuh des kleinen Mannes" mit einer Milchleistung bis zu täglich vier Liter ist wohl nur dann von Nutzen, wenn die Milch "richtiger" Kühe knapp wird. In Kriegszeiten wurden weit mehr Ziegen gehalten als heute. Dabei schmecken Milch und Butter von einer gepflegten, sauber gehaltenen Ziege recht lecker, und Ziegenkäse ist außer in Norwegen auch in Frankreich, Italien oder auf dem Balkan beliebt.

Hausziege

Ich gehörte lange Zeit zu den "einsamen" Ziegenhaltern. Das hatte eine eigene Ursache. Kleine Ziegen sind kaum verkäuflich, so dass das Schicksal vieler Zicklein um Ostern herum die Bratpfanne ist. Nun war der kleine Sohn eines bäuerlichen Nachbarn Besitzer einer Ziege, die ihr Kitz geworfen hatte. Vergeblich klapperte er die umliegenden Bauernstellen ab, ob jemand das Zicklein aufziehen würde.

"Schlachtet es doch, dann habt ihr einen feinen Braten!" riet man dem Jungen. Bis er schließlich zu mir kam. Wo so manches Tier scheinbar nutzlos sein Futter fraß, würde vielleicht auch ein Platz für seine Ziege sein. Aber nein, ich wollte keine Ziege. Und wenn schon, dann eine bunte aus Norwegen oder der Schweiz - keine weiße. Ich schüttelte den Kopf, da fing der Junge an zu heulen. So nahm ich die Ziege am Ende doch. Und gab dem Jungen noch Geld dafür. Ich hatte mich breitschlagen lassen. Katja - sie war übrigens eine Tochter der brötchensüchtigen Knickziege - sorgte dafür, dass ich den Entschluss nie bereute. Sie brachte, sobald sie einigermaßen erwachsen war, nacheinander der Heidschnucke, dem Esel, ja sogar dem Schäferhund Mores bei und betrachtete den Hof bald als ihr persönliches Eigentum, auf dem sie für Ordnung und Sauberkeit zu sorgen hatte.