Zwölfender im Kleinformat

Unter den Käfern ist er ein Riese. Und er weiß sich zu wehren.

Hirschkäfer

Als ich noch ein Junge war... Das klingt wehmütig, fast weinerlich. Noch bin ich kaum übers Schwabenalter hinaus. Aber diese vierzig Jahre haben doch manches geändert. Zum Beispiel: Als ich noch ein Junge war, fünf oder sechs Jahre alt, da hatte ich einen ganzen Hirschkäfer-Zirkus. In einem Waldstück sammelte ich die Käfer, beobachtete sie, betrachtete ihre Kämpfe. Und verlor sie so schnell, wie ich sie zusammentrug. Denn Hirschkäfer können nicht nur krabbeln, sondern auch fliegen. Heute hat man schon Schwierigkeiten, auch nur einen einzigen Hirschkäfer zu finden.

Insekten
Hirschkäferlarve
Kopf einer Hirschkäferlarve mit den kräftigen Oberkiefern

Das prächtige Tier ist in manchen Gegenden nahezu ausgerottet. Ohne bösen Willen, nur durch die moderne Forstwirtschaft, die keine halbvermoderten Eichenstumpen mehr duldet. Die aber braucht die Larve des Käfers, um sich zu entwickeln. Und sie braucht sie lange. Fünf Jahre frisst sie sich - blass, schwerbeweglich, geschwollen - durch den Moder. Dann verpuppt sie sich in einer faustgroßen Höhlung, und erst im sechsten Jahr kommt der Käfer zum Vorschein.

Ein in mancher Hinsicht außerordentlicher Käfer. Zum Beispiel seiner Größe wegen. Der mitteleuropäische Lucanus cervus kann acht Zentimeter groß werden. Damit ist er ein Riese unter den Insekten, auch wenn er die Grenze des Käferwachstums (bis zu 16 cm) noch nicht erreicht. Insekten können - im Gegensatz zu dem, was Horrorfilme zu zeigen pflegen - nicht beliebig groß werden.

Das hängt mit ihrem Körperbau zusammen. Ihr Skelett ist ja eine Hohlform, ein Panzer aus Chitin (einer Ausscheidung der Haut). Je größer ein Insekt wird, desto weniger stabil ist diese tragende Hülle. Es sei denn, sie würde sehr dick. Dann aber wäre sie zu schwer und unbeweglich.

Das ist aber nur der eine Grund, warum Käfer nicht riesenhaft groß werden können. Der andere liegt in der Sauerstoffversorgung des Organismus. Diese Tiere haben ja keine Lunge. Winzige Röhrchen leiten die Atemluft direkt zu den einzelnen Organen. Das funktioniert aber nur auf Entfernungen von einigen Millimetern. Je größer das Tier wird, desto schwieriger ist es, auf diese primitive Weise die Organe mit Sauerstoff zu versorgen. In südlichen Ländern werden Insekten größer als in Mitteleuropa. Man hat dies schon damit erklärt, dass sich die Gase bei größerer Wärme schneller ausdehnen und so eine bessere Sauerstoffversorgung garantieren.