Mäuse, die vom Himmel fallen

Der (Berg-)Lemming, den Brehm seinerzeit "ganz allerliebst" fand, ist ein Einzelgänger.

Lemming
Nagetiere

Scheu, ungesellig, zänkisch. Und eigentlich ein Nachttier. So kommt's, dass man vielleicht jahrelang keinen zu sehen kriegt. Als seien sie völlig verschwunden. Die Einödbauern, die Tundrawanderer aber finden ihre Losung, also gibt es sie noch. Und mit einemmal sind Zigtausende von ihnen da, auch am hellen Tag. Sie kommen aus ihren Röhren und machen sich auf einen Weg, den keiner kennt. Der Zug reißt nicht ab. Eine Invasion von Lemmingen sozusagen, scheinbar aus dem Nichts kommend.

Deswegen glaubten die Alten (es gab zwischen 1500 und 1600 keine andere Erklärung als diese), dass sie vom Himmel fallen, von weit hergetragen, hergeweht, oder einfach in den Wolken entstanden. Ein Jakob Krüger veröffentlichte 1579 "Wunderzeitungen von Meuse, so aus der Lufft auff die Erde und Heusen gefallen". Ein hanseatischer Kaufmann brachte aus der Filiale Bergen tote Lemminge mit nach Deutschland und beschwor, Hand auf dem Herzen, diese Tiere seien, noch lebend, vom Himmel auf die Stadt gefallen. Und zum Himmel kehrten sie - etliche von ihnen zumindest - dann auch wieder zurück. Olaus Magnus (1490-1558), der Schwede, der immer als Zeuge angerufen wird, wenn's um die alte Zeit in hohen Breitengraden geht, schrieb: "Wenn sie wieder abziehen wollen, sammeln sie sich wie die Schwalben."

Das alles war kein Aberglaube, es war bloß der naive Versuch, für etwas Unerklärliches eine Erklärung zu finden. Und es war gut gemeint. Aber falsch, natürlich.