Die sanften Stiere der wilden Pußta

Huftiere

Der ungarische Staat pflegt die letzten Nachkommen einer Rinderrasse, die schon den alten Ägyptern vertraut war.

Wer in die Hortobágy-Pußta fährt, lernt die Tiere kennen.

Großhornrind

Er war ein Prachtkerl, hieß "Morgo" (der "Brummer"), hatte die Statur eines jugendlichen Elefanten, ein im Kampf abgeknicktes Horn und sah mich aus schwarzumrandeten, langbewimperten Augen an.

Ich hatte mich ihm unter ermunterndem Zureden des ungarischen Hirten angstvoll genähert - dem ersten Stier, der mir leibhaftig Auge in Auge und ohne trennenden Zaun gegenüberstand. Später gewöhnt man sich daran, dass diesen Kolossen die Sanftmut neugeborener Lämmer innewohnt. Zu Fuß, zu Pferd und auf dem Wagen nähert man sich ihnen ohne Gefahr bis auf Armeslänge, doch nicht weiter. Sonst drehen sie ab und trotten davon. Wir fuhren quer durch weidende Herden von 70 Stück kapitaler Bullen wie durch eine Schafherde.

Großhornrind

Man begreift dann den italienischen Dichter, der schreibt: "Ich liebe dich, du frommer Stier; du gießt mir ein Gefühl von Kraft und Frieden ins Herz!" Bis dahin dachte ich, es könnte nur von Ochsen die Rede sein.

"Bos primigenius taurus hungaricus" heißt unser Rind. Der gelehrte Name sagt nicht viel Neues: Ein vom Auerochsen abstammendes Hausrind wie alle Hausrindrassen Europas. Aber eben "hungaricus", eine besondere altertümliche Spielart, das Steppen-, Großhorn- oder Graurind, "Magyar Szürke", wie die Ungarn selbst es nennen. Von Umbrien bis zur Ukraine wurde das Steppenrind in Südeuropa gezüchtet, vor allem als Zugtier für Wagen und Ackergerät. Es ist ein knochiger, schwerer Rinderschlag mit auffällig massigem Vorderbau und schwach entwickeltem Hinterteil, auf hohen, flinken Beinen, mit schön geschwungenen Hörnern, die bis zu einem Meter Länge wachsen und gelegentlich einen Hornspitzenabstand von zwei Metern erreichen. Hell- bis dunkelsilbergrau ist das Fell, das schwarze Flotzmaul weiß gezeichnet.

Wenn man aufmerksam die alten Beschreibungen liest, scheint die altungarische Graurindrasse jetzt in Ungarn nicht mehr in ursprünglicher Form vorzukommen. Es sind deutlich Merkmale des podolisch-bessarabischen Steppenrindes eingeflossen. Die ausgeprägte Wammenbildung - also die Hängefalte zwischen Kehle und Brust - und die schwarzen Augenflecken der Stiere sind nicht charakteristisch für den altungarischen Graurinderschlag.