Schon das spricht für eine relativ große Intelligenz der Wildschweine. Viele Beobachtungen zeigen, dass die Tiere noch klüger sind als der Fuchs, der doch ganz allgemein als "schlau" gilt. Wildschweine lernen aus Erfahrung, und zwar schnell und gründlich. Lärmende Treibjagden haben bei ihnen nur einmal Erfolg. Natürlich rennen die Tiere das erstemal von den Treibern weg vor die Flinten der Jäger. Aber Schwarzkitteln macht man nichts weis; sie lernen schnell, dass es bei denen, die Lärm machen, nicht knallt. Deshalb verhalten sich Wildschweine bei späteren Jagden fast unnatürlich: Sie drücken sich still ins Dickicht und lassen die Treiber vorüberziehen. Oder sie laufen ihnen sogar entgegen und entkommen zwischen der Treiberkette nach hinten.

In unseren Wäldern gibt es meist mehr Wildschweine, als man gemeinhin denkt. Wanderer sehen Rehe, Hirsche und Hasen, aber nie eine Sau. Wenn ich als Jagdaufseher in ein neues Waldrevier komme, muss ich die Gewohnheiten der dort ansässigen Wildschweine lange studieren, bis ich zuverlässig weiß, wo sie zu finden sind. Normalerweise trifft man sie nicht. Sie sind leise, scheu und Meister im Verstecken. Außerdem sind sie fast nur nachts oder in der Dämmerung unterwegs, und bei Mondlicht halten sie sich möglichst im Schatten. Ihre Ohren und Nasen sind hervorragend, und so machen sie einen Menschen noch weit früher aus, als ein Reh das vermag. Ohne Aufsehen schlagen sie sich in die Büsche. Es kann aber auch sein, dass sie - wenn sie sich sicher genug fühlen - fünf Meter neben einer Horde Spaziergänger fast unsichtbar im Unterholz stehen. Erst wenn die Wanderer vorüber sind, gehen sie davon - sicher ist sicher. Und die Spaziergänger hören es im Buschwerk rauschen, ohne zu wissen, was da los gewesen ist.