Der Fuchs in der Fabel
Der Fuchs gehört zu den berühmtesten Symbolgestalten aller alten Kulturen vom Fernen Osten bis Südamerika. Dabei hat er in keinem Bereich einen so zweideutigen Ruf wie in Europa.
In China konnte er sich im Alter von hundert Jahren in jede Gestalt verwandeln; mit tausend Jahren hatte er das göttliche Attribut der Allwissenheit erreicht. Auch im alten Peru besaß er als Begleiter des Mondgottes, des Herrn über Tiere und Pflanzen, göttlichen Status. Damit kann sich allenfalls der germanische Fuchs messen, der wegen seiner roten Farbe dem Gott Donar heilig war.
In der Antike und unserer abendländischen Kultur schwebt der Fuchs zwar nicht in göttlichen Höhen. Aber gerade der Umstand, dass er sich auf dem Niveau des Menschlichen-Allzumenschlichen bewegte, verhalf ihm zu ungeheurer Verbreitung in Sage, Fabel und Epos. In nicht weniger als 26 Fabeln des Aesop kommt ein Fuchs vor. Dabei erscheint er oft als klug, doch selten als gemein und verschlagen. Berühmt ist die Fabel, in der ein Adler dem Fuchs die Jungen auffrißt. Nicht lange danach braten Leute auf dem Feld eine Ziege, die ihnen der Adler mitsamt noch glühender Kohlenreste raubt. Ungewollt zündet er damit sein Nest an und brät seine eigenen Jungen, die nun der Fuchs mit Hochgenuß verzehrt.
Ebenso berühmt ist die Fabel mit dem Affen, wo der Fuchs einem eingebildeten Tier (das Schimpf- und Spottwort "Affe" stammt aus dieser Fabel) eine Lehre erteilt. Als sich eines Tages die dümmsten Tiere versammeln, wählen sie den Affen zum König, weil er am besten tanzen kann. Dem Fuchs passt das nicht. Er führt den Affen zu einer Falle, in der Fleisch ist. Der Affe greift gierig nach dem Köder und sitzt fest. Als er den Fuchs einen Betrüger schilt, sagt dieser: "0 Affe, Du bist so dumm und willst König über andere sein!"