Mäuse sind ihr tägliches Brot
Füchse graben übrigens nicht sehr gern. Wo sie einen vom Dachs geschaffenen Bau finden, ziehen sie einfach ein und bewohnen meist die oberen Stockwerke solcher oft viele Jahrzehnte alten Erdburgen. Der Dachs trennt dann die Untermieterwohnung mit Erde von seiner eigenen ab.
Wird die Fuchsfähe allerdings durch Menschen- oder Hundewitterung gestört, zieht sie ohne Zögern mit Kind und Kegel aus und geht in einen (in diesem Fall selbst angelegten) flachen Notbau, schlägt manchmal auch in Betonröhren unter Wegüberführungen die Kinderstube neu auf. Übrigens ist der erwachsene Fuchs keineswegs ein typischer Höhlenbewohner wie etwa der Dachs; er hält sich weit lieber über der Erde auf. Scheint die Sonne, so verschläft er den Tag gern in Gehölzen, im hohen Getreide oder in Fichtendickungen. Man kann einen Fuchs tief schlafend auf einem Baumstubben treffen und anschleichen; er springt erst im letzten Moment erschreckt ab.
Der Fuchs ist ein Raubtier. Achtzig Prozent seiner Nahrung sind tierisch, nur der kleine Rest wird aus Früchten, Beeren, Weintrauben bestritten. Kommt ein Jäger an einem Fuchsbau vorbei, wo eine Fähe Junge aufzuziehen hat, so packt ihn meist der Ingrimm, wenn er sieht, wie der Fuchs an der Niederwildjagd partizipiert. Da liegen Hasenläufe vor dem Bau, Federn vom Rebhuhn, ein abgenagtes Schulterstück vom Rehkitz, aber auch die weißen Federn eines Haushuhns und der Kopf eines Ferkels, der wohl vom Abfall stammt. Damit ist aber der Fuchspeisezettel noch lange nicht erschöpft. Die Gerechtigkeit verlangt, dass zuerst das tägliche Brot Reinekes erwähnt wird: das sind Mäuse. Bis zu 48 Stück dieser Nager hat man in einem Fuchsmagen gefunden. Wenn Fähen Junge zu versorgen haben, sieht man sie manchmal mit einem ganzen Fang voller Mäuse, die wie ein seltsamer Bart zu beide Seiten herunterhängen, zum Bau eilen. Nur Spitzmäuse mögen sie nicht, sonst nehme sie jedes kleine Säugetier, das sie kriegen können. Auch Vögel jeden Kalibers werden erbeutet. Selbst Maikäfer, Engerlinge und Spinnerraupen sind Fuchsbeute. Als nicht alltägliche Delikatesse hat man in einem Fuchsmagen sogar einmal rote Einmachringe gefunden; sie mochten wohl süßen Marmeladeduft verströmt haben.
Füchse haben Stimme. Sie können kecker bellen, locken und warnen. Selten bin ich so erschrocken wie an jenem Abend Ende März als ich an einem Fuchsbau ansaß, um die spielenden Welpen zu fotografieren, die ziemlich genau gegen sieben Uhr aus dem Bau kamen. Die kleinen, noch kindergrauen Burschen spielten Haschen mit einer aufgenommenen Hasenpfote, balgten sich und ließen sich den Abhang herunterrollen bis wenige Meter vor meine Füße. Einer knabberte sogar an meinem Blitzkabel, und wir machten Tauziehen miteinander. Plötzlich ein grauenhafter Schrei aus dem Fichtenstangenwald: "Jähiau!" tat es (und ich kam mir vor wie Lederstrumpf, der von Indianern angegriffen wird). Ich erstarrte, die Fuchswelpen erstarrten, der ganze lustige Film war zum bewegungslosen Standbild geronnen. Nur zwei Sekunden dauerte das, dann sausten die Welpen Hals über Kopf in den Bau zurück.
Was war geschehen? Die Fähe kehrte vom Beutezug zurück und hatte Witterung von mir erhalten. Sie warnte ihre Jungen mit dem Schrei. Es gibt im nachtstillen Wald kaum etwas Eindrucksvolleres.
Füchse sind keine lauten Tiere, sie können sich das nicht leisten. Nur in der Ranzzeit sind Reinekes etwas unvorsichtig, und man kann selbst tagsüber das kurzabgebrochene Gebell des Rüden und den gedehnten Schrei der Fähe (der pfauenartig klingt) hören. Bei Überraschung oder Angst stoßen Rüde und Fähe ein kurzes "Ri-ri" aus. Sind sie wütend, wird laut gekeckert. Der Lockruf ist weich und katzenähnlich gurrend: "Mrr". Außer dem oben erwähnten Warnschrei der höchsten Alarmstufe warnt die Fähe ihre Jungen bei wenig gefährlichen Anlässen mit einem dumpfen "Wruh!" Junge Welpen kreischen, wenn sie sich balgen oder ärgern, auch lernen sie sehr bald warnend zu knurren wie ein Hund. Sonst lassen sie einen hellen, wispernden Stimmfühlungslaut hören.