Hausgänse sind wachsam

Das Gänse-Image ist schlecht. Sofern sie nicht knusprig gebräunt vor hungrigen Essern liegen, werden sie unentwegt herabgewürdigt. Mißliebige Damen sind "Gänse", lebhaft plaudernde Zeitgenossen "schnattern wie Gänse", pures Wasser ist "Gänsewein", und der Fuchs, der im Volkslied die Gans gestohlen hat, soll sie ja nur wieder hergeben, damit die Menschen sie selbst zwischen die Zähne nehmen können.

Meine erste Überraschung mit Gänsen erlebte ich vor langer Zeit, als ich in einem alten Tierheilbuch verzeichnet fand, wie alt Gänse werden können, sofern sie nicht bereits im ersten Lebensjahr dem Menschen zum Opfer fallen. Sie können in jeder Gesellschaft - am besten zum Martinitag beim Gänseessen! - mehrere Wetten gewinnen, wenn Sie danach fragen. Die nicht gebratene Gans kann achtzig Jahre alt werden (falls sich jener Matthias Sommerbauer nicht geirrt hat). Mit anderen Worten: meine Gänse werden mich überleben.

Der Zufall wollte, dass ich kurz darauf einer Gans begegnete, die immerhin bereits 30 Lenze auf dem Rücken hatte. Die Begegnung war kurz. Denn der Hof, den ich betreten wollte, wurde von der Gans beherrscht, die mich ohne viel Federlesens in die Flucht trieb. Wer einmal vom Schnabel einer Gans kräftig erwischt wurde, weiß, dass sie zubeißen kann. Diese Zuchtgans in Süssau an der Ostsee sorgte dafür, dass niemand auf den Hof kam, der ihr nicht genehm war.

Nichts zeigt deutlicher die Sparsamkeit der Schotten, als dass sie ihre Höfe nicht durch einen Hund bewachen lassen, der in ihren Augen ein unnützer Fresser ist, sondern durch Gänse. Die suchen sich nicht nur ihre

Nahrung auf den Wiesen selbst zusammen, sondern sind nach vollbrachter Wachsamkeit auch noch nahrhaft.

Viele Gänse sind so aggressiv, dass sie jeden ungebetenen Besucher durch unüberhörbares Schnattern ankündigen - ebenso, wie der Hund bellt. Der Bauer kann, sobald er seine Gänse vernimmt, nach dem Rechten sehen. (Wozu braucht da der Schotte noch einen Hund?)

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