Meereskormorane sind durchaus nicht scheu
Bei mehreren Besuchen in einer Kormorankolonie im südlichen Argentinien konnte ich feststellen, dass die drei Arten durchaus nicht gleichmäßig innerhalb der Brutkolonie verteilt sind.
Es bestehen zwischenartliche Rangordnungen und unterschiedliche Ansprüche an den Brutplatz. So nimmt beispielsweise die größte Art, der Guanokormoran, die günstigsten Brutplätze für sich in Anspruch. Der Königskormoran als nächstgrößte Art brütet im umgebenden, mehr oder weniger ebenen Felsgelände. Der kleinste, der Felsenkormoran, wird an den Rand der Kolonie, an mehr oder weniger steil abfallende Klippen, gedrängt. Als leichteste Art hat er an solchen Stellen beim Landen allerdings auch weniger Schwierigkeiten als die schwereren Arten.
Alle drei Arten produzieren Guano, der an den Brutplätzen dichte Schichten bildet. Auch die Nester der Vögel bestehen überwiegend aus erhärtetem Guano. Sie erinnern an kurze Baumstümpfe mit einer flachen Mulde, die von den Altvögeln mit etwas Tang oder anderen Pflanzenteilen notdürftig gepolstert wird, wobei sich auch der Nestrand etwas erhöht.
Diese "Meereskormorane" sind meist wenig scheu. Man kann, wenn man sich vorsichtig verhält, nahe an die brütenden Vögel herankommen, ohne dass sie aufgescheucht werden. Setzt man sich dann ruhig in angemessenem Abstand hin, so kann man alle Vorgänge in der Kolonie beobachten.
Die Vögel benehmen sich ganz ungestört. Wer aber hastige Bewegungen macht oder den Kormoranen zu dicht auf den Leib rückt, wirkt als Störenfried. Die Vögel werden dann unruhig. Einige verlassen ihre Nester, um sich in Sicherheit zu bringen. Auf diesen Augenblick warten die Nestplünderer unter den Vögeln nur: besonders Große Raubmöwen (Stercorarius skua) und Blutschnabelmöwen (Leucophaeus scoresbii). Sie erbeuten nicht nur Eier, sondern auch kleine Junge. Wer Vogelkolonien zur Brutzeit aufsucht, sollte sich also möglichst vorsichtig verhalten, um nicht Schäden zu verursachen. (Bei uns gilt dies besonders für die Brutkolonien des Graureihers. Diese störempfindlichen Vögel lassen sich leicht aufscheuchen, wenn Menschen im Brutgebiet auftauchen und sich ungeschickt benehmen. Ehe die Vögel zu ihren Horsten zurückkommen, erscheinen meist Krähen, die die Gelege zerstören. Aus diesem Grunde ist bei uns das Betreten von Waldstücken, in denen Graureiher horsten, oft grundsätzlich verboten zumindest in der Zeit, in der die Vögel brüten oder kleine Junge haben.)
Der am weitesten verbreitete Kormoran Südamerikas ist der Brasilkormoran, auch Biguascharbe (Phalacrocorax olivaceus) genannt. Er gehört zu den kleineren Arten und horstet wie unsere europäischen Kormorane überwiegend auf Bäumen. Der im Alterskleid überwiegend schwarze Vogel ist in der Jugend - wie der europäische Kormoran schmutzig bräunlich mit heller Unterseite. Von den übrigen Kormoranarten ist eine besonders erwähnenswert: der flugunfähige Galapagos-Kormoran (Phalacrocorax harrisi). Man stellte ihn früher in eine eigene Gattung (Nannopterum); heute rechnet man ihn zu Phalacrocorax. Dieser Vogel hat auf Galapagos so gut wie keine natürlichen Feinde. Er kann es sich deshalb leisten, auf die Flugfähigkeit zu verzichten.