Der Fisch war viel zu groß

Das beste Beispiel für diese Verhaltensweise sah ich an diesem Zwergdommelhorst: ich konnte - was mich natürlich freute - auch eine Aufnahme davon machen.

Zwergdommel
Dieses Bild gehört zu der Geschichte, die im Text beschrieben ist: Die junge Zwergdommel bekam von ihrer Mutter einen Fisch serviert, der fast so groß war wie sie selbst.
Zwergdommel

Kaum hatte ein Dommelkind die Alte am Schnabel gepackt und zum Nest heruntergezogen, da ließ die Dommelin einen Riesentorpedo aus dem Schnabel rutschen und auf den Nestboden fallen. Es war eine Plötze von gut acht bis zehn Zentimetern Länge, so lang und so schwer wie die Jungdommel selbst. Zwar stürzten sich die kleinen Burschen mit Heißhunger drauf und pickten an diesem Brocken eifrig herum, doch bewältigten sie ihn natürlich nicht; dies veranlasste die Mutter, ihr Mitbringsel wieder aufzunehmen und kurzerhand im Schlund verschwinden zu lassen. "Na denn nicht!" hätte eine Menschenmutter gesagt. Die Dommelin verschwand und ließ eine vor Hunger keckernde Kinderschar zurück.

Apropos keckem. Ich darf hier eine Liste von Zwergdommellauten einfügen, welche von vielen Beobachtern zusammengetragen worden ist. So ist der gedämpft und verhalten - fast froschartig - vorgetragene Balzruf "wru wru" des Männchens von Mitte Mai bis Juni/Juli besonders am späten Nachmittag und abends zu hören. Etwa 25 Rufe lässt der balzende Zwergdommelmann pro Minute erschallen. Beim Aufbruch eines Dommeltrupps stoßen die Vögel als Stimmfühlungslaut kurz und rauh ein "ker" oder "kö" aus. Am Nest hört man verschiedene Rufe: ein ächzendes "wäd wäd", ein heiseres "che che" oder ein erregtes "gäck gäck". Manchmal verständigen sich Männchen und Weibchen bei der Brutablösung mit einem "guu guu" (Männchen) und einem leisen "jiip jap" (Weibchen). Haben die Vögel Angst, sagen sie "aark".

Nach zwölf Minuten erschien der Altvogel wieder. Diesmal sah ich ihn kommen. Er griff mit seinen großen Zehen einige der Schilfhalme, genauso viele, dass die Halme sein Gewicht von 150 Gramm tragen konnten, und hangelte sich auf diese Weise langsam dem Nest zu. Kaum hatte er sich auf dem Nestrand festgehakt, stürzten die Jungen auf ihn zu, und der Glückliche, der den großen Schnabel erwischt hatte, zog ihn kräftig nach unten. Doch was hatte die Alte mitgebracht? Es war wieder eine Plötze von fast zehn Zentimeter Länge. Das Dommelkind, das am Schnabelende der Mutter sein kleines, noch kurzes und weiches Schnäbelchen in froher Erwartung angehängt hatte, sah sich vor schier unlösbare Probleme gestellt. Langsam rutschte der Riesenfisch kopfab in den Kinderschlund und blieb erst stecken, als sein Volumen die Dehnbarkeit einer Zwergrohrdommelkindergurgel weit übertraf. So musste die Jungdommel stehenbleiben und würgen - zehn Minuten lang, bis sie den Schnabel wieder schließen konnte. Sie behielt allerdings noch lange einen Kropf wie eine Altbäuerin aus dem Bayerischen Wald.