Signal, Schaufel und Waffe
Die Schere ist das Universalwerkzeug der Krabben: als Signal bei der Balz, als Schaufel beim Graben, zum Festhalten der Weibchen, zum Sammeln und Ergreifen der Nahrung, als Waffe gegen Rivalen und Artfremde - ein Gerät für alle Zwecke.
Wer schon von der Schere eines Taschenkrebses in den Finger gezwickt wurde, weiß Bescheid. Große Taschenkrebse (auch sie gehören zu den Krabben) kommen bis auf den Knochen durch.
Ein landbewohnender Palmendieb - Birgus latro - entkam mir aus einer Kiste mit zwei Zentimeter dicken Brettern; mit den Scheren arbeitete er sich durch.
Die Scheren sind hervorragende Angriffs- und auch Verteidigungswaffen. Eine andere Art der Verteidigung ist das optische Verschwinden vor dem Feind, die Tarnung. Die Seespinne (Maja squinado) pflanzt sich mit Hilfe der Scheren Schwämme, Algen und Moostierchen auf die Haare und Dornen ihres Panzers. Dromia vulgaris lebt in Symbiose mit einem Schwamm, den sie sich erst passend zurechtschneidert, damit sie ihn mit dem letzten Schreitbeinpaar über dem Rücken tragen kann. Die Krabbe Lybia tesselata nimmt Seerosen in ihre Scheren, und die Nahrung wird mit dem folgenden Laufbeinpaar ergriffen.
Ebenso erstaunlich mutet die Leistung an - wenn auch auf zierlicherer Basis -, die von den nur einen Zentimeter großen Kugelkrabben vollbracht wird. Mit den Scheren heben sie wie mit einem flotten Schaufelwerk kleine Häufchen nassen Sandes von der Bodenoberfläche ab und schieben sie an den Mund. Hier wird das Material mit Hilfe eines Beinpaares und eines komplizierten Sondiersystems nebst Wasserspülung in Genießbares und Ungenießbares getrennt. Die Quarz- und Kalkkörnchen, also der unverdauliche Sand, werden sogleich, ohne gefressen zu werden, in Form kleiner feuchter Kügelchen mit einer Schere vom Munde abgenommen und mit Hilfe der Beine beiseite geschoben.
Krabben, die auf den Sandflächen des Strandes wohnen, verschwinden in der Wohnröhre, bevor die Flut sie überspült. Andere, die sich über der Hochwasserlinie in die Dünen eingebuddelt haben, verlassen bei Flut ihre Wohnröhren, um in dem frisch angefeuchteten Angespülten oder vor den vorschießenden und zurückweichenden Brandungsausläufern eiligen Laufes nach Nahrung zu suchen.
Und manche Krabben haben im Laufe ihrer Entwicklung die regelmäßigen Überschwemmungen ihrer Bauten überhaupt sattbekommen. Sie wohnen nun ausschließlich auf dem Lande. In den Tropen wundert sich mancher, wenn ein bis zwei Kilometer von der Küste entfernt aus vermeintlichen Kaninchenlöchern große bunte Krabben hervorlugen.
Zoologisches Stichwort
Krabben
Die Bezeichnung Krabben ist ein sehr weit gefaßter Begriff für Zehnfußkrebse (Ordnung Decapoda), deren Hinterleib nicht als langer "Schwanz" ausgestreckt ist, sondern unter den übrigen Körper gekrümmt oder eingeschlagen wird. Von den Steinkrabben (Familie Lithodidae) und Porzellankrabben (Familie Porcellanidae) abgesehen, gehören alle Krabben in die Unterordnung der Echten Krabben oder Kurzschwanzkrebse (Brachyura). Diese Unterordnung ist die zahlenmäßig stärkste (etwa 4500 Arten) und auch die stammesgeschichtlich am höchsten entwickelte Gruppe in der Klasse der Krebstiere (Crustacea).
Krabben zeigen unter allen Krebsen die schönsten Formen. Das gilt für die knallroten Galapagos-Krabben ebenso wie für die Anemonenkrabbe aus tropischen Gewässern. Gleichzeitig stellen Krabben aber auch die höchste Entwicklungsform der Krebse dar. Ein Beispiel dafür ist das Atemsystem, das vielen Arten erlaubt, sowohl im Wasser als auch an Land zu leben. An Land tragen diese Arten einen Wasservorrat mit sich herum, der durch Pumpbewegungen mit Luft angereichert wird und es den Kiemen möglich macht, den Sauerstoff dann wieder aus dem Wasser aufzunehmen. Besonders raffiniert ist die Wasseraufbereitungsanlage bei den Kugelkrabben (Dotillen). Bei ihnen wird das sauerstoffarm gewordene Atemwasser von der Kiemenhöhle durch ein offenes Rinnensystem über den Rücken geleitet, wo es sich mit Sauerstoff anreichern kann, und dann wieder in die Kiemenhöhle eingesogen.
Die Krabben sind ein ungemein formenreiches Geschlecht. Man zählt rund 4500 Arten; der besseren Übersicht zuliebe hat man sie in mehr als 20 Familien eingeteilt. Die kleinsten Krabben haben Körper, die nicht größer sind als der Nagel eines kleinen Fingers. Andere Arten werden so groß wie ein Kuchenblech. Die japanische Riesenkrabbe kann ihre Beine sogar über drei Meter ausspreizen.
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