Sie hätscheln und sie verdammen ihn

Raubtiere

Zwischen Borkum und Sylt kennt keiner den Seehund besser - sein Verhalten, seine Vorlieben, seine sicheren Plätze - als der Fischer. Keiner "huxt" so geschickt an ihn heran. Nur wenige Menschen haben einem -"wilden" - Seehund je das Potje (Pfötchen) gedrückt. Die Fischer haben, natürlich ...

Seehund

Ihr Verhältnis zum Seehund ist ebenfalls nicht frei von Sentimentalität. Sie hätscheln und sie verdammen ihn.

Und was hat der Seehund davon? Streß!

Er ist ein Außenseiter. Ein Raubtier. Er lebt im Wasser, aber er braucht das feste Land. Er ist vom Land ins Wasser gegangen und hat sich dem neuen Element hervorragend angepaßt: ein Körper wie ein Torpedo, Hände und Füße (mit je fünf Fingern oder Zehen) zu Flossen umgewandelt, Kugelaugen, keine äußeren Ohren. Der Gehörgang wird beim Tauchen durch einen Schließmuskel verschlossen, und die Nasenöffnung wird - gerade umgekehrt - blockiert, wenn beim Tauchen die Muskulatur erschlafft. Der Seehund kann auch im Wasser schlafen; der Körper schwebt dann schräg, die Schwanzflossen führen leichte Schwimmbewegungen aus. In Abständen von vier, fünf Minuten taucht die Schnauzenspitze durch die Wasseroberfläche hoch, das Tier atmet - und sinkt wieder. Der Seehund ist im Wasser zu Hause. Da sieht er mit seinen großen, um den, nach vorn und nach oben gerichteten Augen sehr gut, da ist er schnell, gewandt, ein eleganter Schwimmer.

Wenn er an Land geht, ist er gehandikapt. Ein Raubtier zum Gotterbarmen. Er kann nicht auf allen Vieren gehen, er geht auf dem Bauch. Der freie Teil der "Arme" ist zu kurz, als dass ein gut im Futter stehendes Tier damit mehr als gerade so eben den Boden erreichen könnte. Und die "Beine" sind nicht mehr unter den Rumpf zu bringen, sie werden gerade nach hinten weggestreckt, die Sohlen gegeneinander gedreht. Darüber liegt der (kürzere) Schwanz. Und so "geht" er dann: Krümmt sich, wirft den Vorderrumpf vor, zieht den Hinterleib nach (die Gliedmaßen werden dabei nur mitbewegt, sie bringen kaum Unterstützung) wie eine Spannerraupe. Er ist plump, unbeholfen.