Ausbildung kann nützlich sein

Ich gebe gern zu, dass der Drill der Ausbildung gerade für den Schäferhund nützlich sein kann, weil sein starker Wille dadurch in die Bahnen von Kommando und Gehorchen gelenkt wird.

Schäferhund

Dabei macht gerade diese Ausbildung manchen Schäferhund zum hündischen "Radfahrer": Er beißt Schwächere und ist gegenüber seinem Herrn devot. Freilich ist es für Menschen mit Komplexen und ohne Einsicht in die Hundepsychologie bequemer, mit einem ergeben "bei Fuß" laufenden oder kuschenden Schäferhund unterwegs zu sein, als sich ohne einen solchen ausgebildeten Automatismus von Fall zu Fall durchsetzen zu müssen.

Raubtiere

Vom Wesen her will der Schäferhund das, was er möchte, auch durchsetzen. Aber gerade dieser Hund wird häufig zur Anpassung gezwungen. Dann produziert er seine "Schärfe" und Aggressivität allzuoft im Zwinger oder gar an der Kette ohnmächtig ins Leere. Polizei- oder Blindenhunde sind in Pflichtenkreise eingespannt, die für den Hund gewiß nicht leicht zu bewältigen sind. Der bei der Herde tätige Schäferhund hat es da besser: Er ist Obrigkeit gegenüber den Schafen und Erfüllungsgehilfe des Schäfers.

Gerade in unserer den Hund so stark vermenschlichenden Zeit tragen Schäferhunde am häufigsten das Los psychologischer, hygienischer oder soziologischer Vernachlässigung. Das gilt besonders auf dem Land, wo der Schäferhund auch heute noch ein Statussymbol ist. Wer in Begleitung eines Schäferhundes auftritt, wird eher als "Kerl" anerkannt - das weiß auch mancher Schwächling.

Ich fürchte, solche realistische Einschätzung des Schäferhundes enttäuscht manchen, der hier lieber Lobgesänge auf Treue und Anhänglichkeit, auf Zuverlässigkeit und Wachsamkeit erwartet. Solche Eigenschaften sind gewiß hier und da erkennbar, aber zum urtümlichen Charakterbild des Schäferhundes gehören sie nicht unbedingt. Auch die Intelligenz des Schäferhundes wird oft überschätzt, weil er die glückliche Gabe hat, mit lauschend gespitzten Ohren ein Gesicht zu zeigen, das konzentrierte Aufrnerksamkeit und Verständnis widerspiegelt.

Den Schäferhund, der "jedes Wort versteht", gibt es nicht. Aber es gibt viele Hunde, die auf Reizworte wie "spazierengehen", "fressen", "sieh doch mal" spontan reagieren.