Kulturgeschichte des Laubfrosches
Die Kulturgeschichte des Laubfrosches sieht auf weite Strecken nicht anders aus als die des Frosches im allgemeinen. Ihm werden viele Eigenschaften zugeschrieben: göttliche, menschliche und teuflische.
Schon in der 5. Dynastie der ägyptischen Pharaonen taucht die froschköpfige Göttin Hiqit auf. Sie ist das Symbol der Fruchtbarkeit und empfängt das Weltei, das der Gott Chnum unaufhörlich formt und bildet.
Wahrscheinlich schien den Ägyptern die Vielzahl der runden Froscheier ein passenderes Symbol für die Entstehung der Erde als ein Vogelei.
Hiqit ist aber auch die Göttin der Auferstehung. Denn die Ägypter (wie noch später die Griechen) glaubten, der Frosch entstehe aus der Erde, aus dem Nilschlamm. Ausschlaggebend war sicher die Beobachtung, dass die Frösche den Winter im Schlamm verbringen und erst im Frühjahr wieder lebendig werden. Dieser göttergleichen Verehrung entsprach die Sitte, Frösche wie Pharaonen einzubalsamieren.
In den zoologischen Kenntnissen der Antike klaffte eine bedeutende Lücke: Aristoteles kannte die Kaulquappen noch nicht, und Plinius wußte nicht, dass sie eine Entwicklungsstufe der Frösche darstellen. Um so blühender war die medizinische Phantasie der Alten: Der Sud eines abgekochten Frosches lindert Zahnschmerzen, die Asche von drei lebendig verbrannten Laubfröschen mit Teer vermischt hilft gegen Haarschwund.
Reißt man einem lebendigen Frosch die Zunge aus, ohne dass ein anderer Teil des Körpers daran hängenbleibt, und legt sie auf das Herz einer schlafenden Frau, so erreicht man, dass sie immer die Wahrheit sagt. Das Auge eines Frosches, als Amulett in einem Leinenlappen getragen, wirkt empfängnisverhütend.
Bei den Griechen ist eine negative Einstellung zu den Lurchen nicht immer zu verkennen. In den "Fröschen", der berühmtesten Komödie des Aristophanes, sind die Tiere die Bewohner des Flusses der Unterwelt, die durch ihr höllisches Gequake - das berühmte "brekekekex koax koax" - den Gott Dionysos in die Flucht schlagen.
Auch in den Fabeln des Aesop kommen sie nicht allzu gut weg. In zweien gelten sie als feige, in einer dritten als "aufgeblasen" und eingebildet. Die Fabel 167 zählt zu den berühmtesten; sie hat auch auf unsere einstmals bescheidenen germanischen Vorfahren großen Eindruck gemacht. Die Sage berichtet, dass die Frösche zuerst einen Bock zum König hatten. Sie waren aber nicht mit diesem Oberhaupt zufrieden und meldeten Zeus ihren Jammer. Der gab ihnen dafür einen Storch zum König. Die Folgen und die Moral daraus mag sich der Leser selbst ausdenken.