Mühsames Stöhnen
Ich hoffe, dass alle Beobachter, die den Gesang des Männchens von Hyla meridionalis beschreiben, ihn auch wirklich selbst gehört haben. Es gibt da die unterschiedlichsten Mitteilungen.
Richard Gerlach meint, dieser Frosch rufe "durchdringender" als sein nördlicher Kollege. Wilhelm Klingelhöffer sagt, der meridionalis habe "einen von der heimischen Form abweichenden Ruf". Grzimeks Tierleben beschreibt den Ton, den dieser Laubfrosch von sich gibt, als "ein mühsames Stöhnen". Andere Beobachter enthalten sich völlig der Stimme. Ich selbst schließe mich dem "mühsamen Stöhnen" an, weil es gut klingt und so schön unpräzise ist. Wer traut sich schon zu sagen, wie Hyla meridionalis wirklich quakt? (Unter uns: es klingt, als habe jemand die Flatulenz.)
Da jedermann den Laubfrosch kennt, brauche ich nur noch wenige Anmerkungen zu machen. Interessant ist immerhin, warum gerade dieser Lurch solche (seine Bestände ganz empfindlich schädigende) Karriere bei jungen und alten Tierliebhabern gemacht hat. Seit Konrad Lorenz ein erhellendes Wort gesagt hat, warum gerade bestimmte Tiere die Liebe der Menschen erwecken, weiß man: Es ist das"Kindchenschema", das menschliche Fürsorge herausfordert, das runde Kindergesicht mit den großen Kulleraugen, die Patschhändchen, das puppige Äußere. Auch der Laubfrosch hat es, und so haben die Menschen ihn gern. Sein Kollege, der Wasserfrosch, hat nie großen Eingang in die Terrarien gefunden. Dazu ist seine Schnauze zu spitz, sein Wesen zu ungestüm. Wasser- und Grasfrosch dürfen dem Menschen lediglich ihre Schenkel liefern, damit einige exaltierte Feinschmecker sich diese in Bierteig herausbacken lassen. Wer einmal gesehen hat, wie Froschschenkel in natura gewonnen werden, wird nie wieder ein Lokal betreten, das diese ungeheuerliche Speise feilhält - und sei es nur in hübschem Französisch: "Grenouilles".