In einer Sekunde fünf bis acht Stromstöße
Allerdings steht dem Zitteraal diese geballte elektrische Energie nur sehr kurze Zeit zur Verfügung. Die Zellen entladen sich in einem Sekundenbruchteil - die Messungen variieren zwischen 1,5 und drei Millisekunden.
Zwar kann das Tier die elektrische Ladung schnell wieder aufbauen, aber sie dient ihm nicht pausenlos. Immerhin kann es angeblich in einer Sekunde fünf bis acht solcher Stromstöße aussenden, und das stundenlang. So betrachtet, würde die Elektrizität, die ein Zitteraal zu produzieren vermag, etwa ausreichen, um ständig ein Fahrradlämpchen leuchten zu lassen; mehr ist es nicht. Nur weil der Fisch die Energie so speichert, dass sie blitzschnell mit hoher Stärke wirksam wird, ist er gefährlich.
Am stärksten wirkt diese elektrische Ladung natürlich, wenn man den Zitteraal direkt berührt - womöglich am Kopf und am Schwanz gleichzeitig. Dann bekommt man die volle Gefährlichkeit dieses lebendigen Kraftwerks zu spüren. Für die kleineren Beutetiere - Fische, Krabben und dergleichen - ist aber bereits das elektrische Feld tödlich, das sich während der Entladung im Umkreis von etwa einem Meter rings um den Zitteraal aufbaut. Wie vom Blitz getroffen, sind die kleineren Tiere gelähmt oder tot. Und der Zitteraal kann sie in aller Ruhe verschlingen.
Endlich - und das ist das Ergebnis unserer Untersuchungen - kann ein empfindlicher Mensch, der an einen Zitteraal gerät, im ungünstigsten Fall ums Leben kommen.
Der Zoologe A. Kappler watete im 19. Jahrhundert an einem Fluß in Surinam am Ufer entlang. Er geriet an einen Zitteraal, der zwischen seinen Beinen durchschwamm, und sank wie vom Blitz getroffen ins Wasser: "Wohl zwei Minuten waren meine Füße wie gelähmt, und ich war nicht imstande, sie zu bewegen."
Und der Zoologe C. Sachs, der um die gleiche Zeit auf Humboldts Spuren in Südamerika wandelte, schrieb: "Ich hob, durch Kautschuk-Handschuhe gegen elektrische Schläge geschützt, den mächtigen, über 1,5 Meter langen, heftig widerstrebenden Zitteraal auf und gedachte, ihn schnell in den Behälter zu werfen. Aber das Tier entglitt meinen Händen und fiel mir vor die Füße, so dass es gerade mit Kopf und Schwanz meine beiden Beine berührte. Die Folge war, dass ich die stärksten Schläge erhielt, die ein großer und völlig frischer Gymnotus (Elektrofisch) zu erteilen vermag. Erstens nämlich befand sich das Tier außerhalb des Wassers, so dass die Dichte des Stromes nicht durch umgebendes, gut leitendes Wasser abgeschwächt wurde. Sodann aber berührte ich mittels der durchnäßten Kleider, welche die vortrefflichste Leitung bildeten, gerade die beiden Punkte, deren Verbindung den stärksten Schlag ergibt, nämlich den positiven und negativen Pol, die dem Kopf- und Schwanzende des Tieres entsprechen. Einige Sekunden verharrte der Fisch in der beschriebenen Lage, und ich war vor Schreck unfähig, mich zu rühren, denn das schwer gereizte Ungeheuer schleuderte einen wahren Hagel entsetzlicher Schläge durch meinen Körper; ich schrie laut auf vor überwältigendem Schmerz, bis endlich das Tier von meinen Füßen herabglitt und entkam.
Es war das erstemal, dass ich die volle Kraft eines frisch gefangenen großen Tieres empfand. Ich kann versichern, dass es keine Kleinigkeit ist."
Beiden darf man durchaus glauben.