Auf der Flucht

Huftiere

Gazellen leben gefährlich. Löwen und Leoparden, Schakale und Geparden, Hyänenhunde und fotografierende Touristen stellen ihnen nach. Sie haben keine Waffe, um sich zu verteidigen: Nur die Flucht bleibt ihnen.

Thomsongazelle

Der Amboseli-Nationalpark ist eines der bekanntesten Reservate in Kenia. Anfang September konnte ich dort die Geburt einer Thomsongazelle beobachten. Die Mutter hatte sich von der Herde entfernt und lag etwa 30 Meter weg von niederem Buschwerk auf freier Steppe. In diesem Stadium ist die Mutter besonders gefährdet, denn sie ist kaum in der Lage, aufzuspringen und einem Gegner zu entfliehen. Glücklicherweise beachten Touristen im Auto eine einzelne Gazelle meist überhaupt nicht. Ich erlebte, dass drei Busse, die zum Fotografieren des ruhig daliegenden Tieres gestoppt hatten, wieder weiterfahren, obwohl der Geburtsvorgang bereits begonnen hatte.

Gazelle

Vorher hatte sich die Mutter sorgfältig ihren Platz ausgesucht. Der Wind stand aus dem Gebüsch heraus ins offene Gelände. Die erste Stelle gefiel ihr nicht und sie zog einige Schritte weiter, bis sie in einer kleinen Mulde einen neuen Platz gefunden hatte. Dann setzten die Wehen ein. Mit der Schnauze berührte die Gazellenmutter ihren dicken Bauch. Lange Zeit war die Fruchtblase nur wenig herausgetreten. Dann setzten heftigere Wehen ein. Schließlich platzte die Fruchtblase und das Jungtier glitt heraus, mit dem Kopf voraus. Bevor die Hinterbeine ans Licht kamen, gab es noch einmal eine Pause. Das Jungtier befreite sich mit Kopfbewegungen von der Fruchtblase. Dann stand die Alte auf, und die Geburt war beendet.

Das Baby blieb nach den heftigen Befreiungsbewegungen erschöpft liegen. Die Mutter begann jetzt die Reste der Fruchtblase anzuknabbern und das Jungtier abzulecken. Noch lange lag das Kleine da. Schließlich stand es auf und ging stakeligen Schrittes mit seiner Mutter ins höhere Gras. Dort blieb es einige Tage, bis es stark genug war, um in der Herde mitrennen zu können.