Löwen, die Blattläuse fressen
Schon zehn bis 30 Tage, nachdem sie aus ihren Eiern gekrochen sind - Temperaturverhältnisse und Nahrungsangebot bestimmen die Anzahl der Tage -, ist ihre Entwicklung abgeschlossen. Vom ersten bis zum letzten Tage sind die Florfliegenlarven fürchterliche Räuber. In Analogie zu den Ameisenlöwen - den Larven der Ameisenjungfern, die ebenfalls zu den Netzflüglern zählen - hat man ihnen den Namen Blattlauslöwen gegeben, denn diese Pflanzenschädlinge sind ihre bevorzugte Nahrung. Aber sie sind schlimmer als Löwen, die nur gelegentlich - wenn sie Hunger haben - ein Opfer schlagen. Blattlauslöwen haben immer Hunger! Sie schlagen ihre großen, schwach nach innen gebogenen Saugzangen in die Opfer und saugen sie aus. Danach lassen sie die leeren Hüllen nicht einfach fallen, sondern legen sie sich auf den Rücken, wo sie von Angelhaaren festgehalten werden. Der kleine "Löwe" sieht dann beim Umherlaufen wie ein Häufchen toter Blattläuse aus, aus dem nur die Saugzangen hervorschauen.
Diese geradezu verblüffende Art der Tarnung geschieht wahrscheinlich weniger im Hinblick auf die Blattläuse, die ja kaum davonlaufen, sondern gilt den größeren Räubern, denen die Blattlauslöwen entgehen wollen. Andere Arten benutzen als Tarnmaterial Moos, Flechtenmückchen und Sandkörnchen.
Zweimal in ihrem Leben paßt die ständig fressende und immergrößerwerdende Larve nicht mehr in ihre alte Haut, die nur bis zu einem gewissen Grade dehnbar ist. Bei beiden Häutungen platzt die alte Haut am Rücken auf, und aus dem alten Kleid kriecht die neue, größere Larve heraus. Ihre Haut hatte sich schon unter der alten gebildet und ist wieder eine gewisse Zeit dehnbar.
Wenn der Blattlauslöwe ausgewachsen ist, sucht er sich ein Versteck, wo er einen Kokon spinnt, in dem er sich verpuppt und aus dem dann wieder eine Florfliege schlüpft.
Einmal beobachteten wir eine Florfliege bei ihrer Mahlzeit. Wir hatten eine Blattlauskolonie gefunden, und uns war eine Florfliege aufgefallen, die auf die Läuse zumarschiert war. Sie fliegt zwar auch, aber doch sehr unbeholfen und langsam (ein Maikäfer soll fünfmal so schnell sein wie eine Florfliege). Meist kriecht sie in ihrem etwa vier Wochen währenden Leben umher, wenn sie Opfer sucht. Und die, die wir gesehen hatten, mußte wohl großen Hunger gehabt haben.
Es gibt noch viel Interessantes, das man an Florfliegen entdecken kann: dass einige von ihnen Stinkdrüsen zur Verteidigung haben, dass die meisten zwei Generationen im Jahr hervorbringen, dass die Larven keinen Kot abgeben können, weil der Enddarm als Sammelbehälter für das Spinnsekret dient ...
Man kann sogar noch vieles Neue entdecken, denn aus dem Leben der Florfliegen wissen wir bis heute noch längst nicht alles.