Der krähende Käfer auf der weißen Lilie
Man muss es ihm lassen: Es ist ein schmuckes Kerlchen, das Lilienhähnchen Crioceris lilii. Im April oder Mai erscheint dieser sechs bis acht Millimeter große Käfer auf den Liliengewächsen. Seine Flügeldecken leuchten zinnoberrot, der übrige Körper ist schwarz.
Man kann ihm aus kürzester Entfernung zuschauen, wie er mit seinen Fühlern spielt, um einen Partner zu wittern. Er lässt sich nicht stören, wenn er Toilette macht - und das tut er oft und lange. Dabei zieht er die Fühler langsam zwischen den Mundteilen durch und knabbert eventuell vorhandene Fremdkörper ab. Auch die Vorderbeine werden gesäubert, während Mittel- und Hinterbeine zu diesem Zweck gegeneinander gerieben werden.
Wer aber wissen will, warum der Käfer zu dem Namen "Hähnchen" gekommen ist, der muss ihn schon zwischen zwei Finger nehmen und festhalten. Es schadet dem Käfer nichts, wenn man ihn ein wenig drückt, sein Chitinpanzer ist fest und hart genug, ihn zu schützen. Hält man das Tier nun nahe ans Ohr, dann hört man seinen "lauten Hahnenschrei". Allerdings gehört schon eine ordentliche Portion Phantasie dazu, die Töne des Käfers mit dem Krähen oder Gackern des Federviehs in Verbindung zu bringen. Eher sind es zirpende Laute, die das Lilienhähnchen hervorbringt.
Noch kurioser als die Töne selbst ist der Ort ihrer Entstehung: die äußerste Hinterleibspitze. Schaut man sich den Käfer beim Musizieren von unten an, dann sieht man, wie im Rhythmus des Zirpens die Spitze des Hinterleibs auf und ab bewegt wird. Dabei werden Chitinleisten auf dem letzten Hinterleibsring und unter den Flügeldecken aneinandergerieben. Es sind also ganz ähnliche Musikinstrumente, wie sie die Heuschrecken haben - nur an anderer Stelle des Körpers.