Ein Kreuz im Kreuz
Sie üben ein Doppelhandwerk aus: Sie weben zauberhafte Netze aus Seide und betätigen sich damit als Fallensteller. Auch ein Innungszeichen haben sie: Ein Kreuz im Kreuz.
Die Göttin Athene, Tochter des Zeus, muß ein recht neidisches und jähzorniges Frauenzimmer gewesen sein. Denn solches berichtet von ihr die griechische Legende:
Der Purpurfärber Idmon aus Kolphon in Lydien hatte eine sehr kunstfertige Tochter, Arachne mit Namen, die sich ausgezeichnet auf die Kunst des Webens edler Stoffe verstand. Ein solches Textil kam der cholerischen Athene bei einem Wettstreit vor die Augen. Sie war so ärgerlich über die vorgelegte Schönheit der Weberei, dass sie diese in Fetzen riß. Arachne überlebte diesen göttlichen Vandalismus nicht - sie erhängte sich am nächsten Baum. Da packte Athene denn doch die Reue; sie brachte Arachne ins Leben zurück und verwandelte sie in eine Spinne. Von der Weberin haben alle Spinnen ihren Namen: Man nennt sie Arachniden. Und die Spinnenforscher heißen Arachnologen.
Man muß schon ein wenig ein Spinner sein, um Spinnen zu lieben. Ich möchte niemandem zumuten, sich etwa mit einer Kreuzspinne so herzlich anzufreunden, wie ich es mit einer getan habe, die sich bei uns im Türrahmen ansiedelte, um vom Durchgangsverkehr der Fliegen nahrhaft zu profitieren. Die meisten Leute stoßen sich am Lebenswandel von Araneus diadematus, weil die Kreuzspinne, statt wie ein braves Häschen am Klee zu zupfen, in ihrem seidenbespannten Netz hockt und auf Besucher wartet, um diese dann zu betäuben, zu töten, einzuwickeln und in Ruhe auszusaugen.