Was man nicht im Kopf hat...

Auch meine Schwiegermutter, die sonst mit unseren Tieren recht verständig umging, konnte sich nur so weit mit der Kreuzspinne im Türrahmen befassen, als sie sich beim Durchgehen bückte, um das kostbare Radnetz nicht zu zerreißen.

Nie aber war sie zu bewegen, auch nur einen Blick auf unsere Aranea zu werfen. (Man erlaube mir, eine weibliche Kreuzspinne Aranea zu nennen.) Meine Schwiegermutter weiß also - wie die meisten Leute - nicht, wie eine Kreuzspinne aussieht, und ich muß kurz einen Steckbrief über dieses Tier folgen lassen.

Ähnlich den Damen der Jahrhundertwende zerfällt die Kreuzspinne fast in zwei Teile. Bei den Damen waren die beiden Teile durch die enggeschnürte Wespentaille konturiert, bei der Kreuzspinne werden sie von einem dünnen, doch sehr beweglichen Stielchen zusammengehalten. Der Vorderleib der Aranea, etwas kompakter als der hintere konstruiert, trägt vier Beinpaare und vor diesen noch die Tasterbeine, die man auch Pedipalpen nennt. Interessant ist, dass die Spinne ihre beiden für die Jagd notwendigen Sinne nicht im Kopf, sondern in den Beinen hat. Der Tastsinn findet sich vor allem an den Fußgliedern der Laufbeine sowie an den Endgliedern der Kiefertaster. Besonders empfindliche Antennen sind die langen Becherhaare an den Gliedmaßen, die selbst feinste Luftbewegungen noch genau wahrnehmen.

Die Spitze des Vorderleibs (beim Menschen Kopf genannt) birgt die Waffen der Kreuzspinne: zwei gebogene Klauen mit eingebauter Giftzuführung, Chelizeren genannt, die der Aranea zum Töten dienen. Dem Menschen kann die Kreuzspinne mit ihren beiden Messerchen allerdings nicht gefährlich werden; sollte sie je die Menschenhaut durchstoßen können (was meist nicht geht), so erleidet das Opfer nicht mehr als eine kleine Hautrötung.

Kreuzspinne mit Maikäfer
Ein Maikäfer ist ins Netz gegangen. Obwohl er weit größer ist als die Kreuzspinne, wird er schnell und kunstgerecht in die klebrigen Fäden gewickelt. Lange Zeit hat man sich gefragt, wie es kommt, dass die Spinnen nicht in ihren eigenen Fäden hängen bleiben.Nun weiß man es: Ein öliger Überzug an den Haaren ihrer Beine verhindert das Festkleben.
Spinnen