An der Nasenspitze sieht man´s ihnen an

Unter Zärtlichkeit verstehen Nashörner etwas anderes als wir. Liebkosungen von umwerfender Natur passen zu den massigen Tieren. Der menschliche Betrachter, erst recht der neugierige Fotograf, muss auf der Hut sein vor einem nicht einmal bösgemeinten - aber gehörnten - Nasenstüber.

Breitmaulnashorn in Ostafrika
Breitmaulnashorn in Ostafrika
Huftiere

Im Murchison Falls Nationalpark stand ein Fotoamateur breitbeinig unter einem Baum und visierte eine Antilopenherde an. Seine Mitreisenden saßen schon im Bus. Sie hatten ausgiebig eine zahme Nashornkuh fotografiert und wollten weiterfahren. Die gewichtige Dame fand es gar nicht schön, so vernachlässigt zu werden, und richtete ihre ganze Zuneigung auf den einzigen noch greifbaren Mann. Sie tat das in Nashornart: fuhr ihm mit den Hörnern zwischen die Beine und stieß ihn dann nach oben. So macht man das bei Nashörnern, wenn man verliebt ist. Doch der Mensch empfindet anders. Laut schreiend, doch unverletzt entkam der Fotomann den Liebkosungen; auf dem Rest der Reise brauchte er für den Spott der Mitreisenden nicht zu sorgen.

Als Aphrodisiakum haben die Hörner in diesem Fall kaum genützt. Das tun sie allerdings auch nicht bei den Chinesen und anderen asiatischen Herren, die pulverisierte Rhinozeroshörner als Liebesmittel zu sich nehmen. Vielleicht hilft der Glaube bei der Wirkung mit. Ernsthafte Forscher verspürten beim Genuss des Pulvers keinen Erfolg, obwohl sie es in Mengen zu sich nahmen. Leider führt aber dieser Aberglaube dazu, dass überall in der Welt die Nashörner gejagt, getötet und ihrer Hörner beraubt werden.

Araber glauben, dass vergiftete Getränke in Bechern aus dem Horn des Rhinos aufschäumen. Andere Völker verlassen sich auf die Zauberkraft von Rhinohornteilen. Die Chinesen schließlich wollen ihre Liebeskraft mit einem Cocktail aufmöbeln, der pulverisiertes Horn enthält.

Eigenartig sind ja diese Hörner, die den Tieren auf der Nase wachsen. Bei den afrikanischen Nashörnern sind es in der Regel zwei große Hörner, die noch von mehreren kleinen Hörnchen begleitet sein können. Sie sind nicht mit dem Skelett verbunden, sondern aus haarähnlichen Hornfasern zusammengewachsen. Sie wachsen das ganze Leben lang und werden an harten Termitenhaufen oder an Steinen immer wieder glatt und spitz geschliffen. Nachteilig ist das in Zoos, wo die Hörner an den zu harten Baumaterialien völlig abgeschliffen werden. Nicht selten bricht ein Horn an der Wurzel ab. Dann bleibt eine schwach blutende Wunde; später wächst das Horn wieder nach. Im allgemeinen ist das vordere Horn das längere. Der Weltrekord liegt bei 138 Zentimeter (gemessen an der Außenkurve) und wird von der Nashornkuh Gerlie gehalten, die im Amboseli-Reservat in Kenia lebte. Auch sonst sind die dünneren Nasenhörner der Weibchen oft länger als die massiven Hörner der Bullen.

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