Die Hochzeit bezahlt der Partner mit dem Leben

Wir brauchten keine fünf Minuten zu suchen, da entdeckten wir in der trockenen Staude einer wilden Möhre die erste Gottesanbeterin. Es war ein Weibchen. Sie sind ein wenig größer als die Männchen und haben einen breiten Hinterleib. Das Tier ließ sich leicht an eine Stelle der Pflanze treiben, an der es zum Filmen und Fotografieren günstig saß.

Wir hatten die ersten Aufnahmen gemacht, als unten am Busch ein schlankes Männchen erschien. Die Tiere können zwar fliegen, tun es aber nur ungern. Lieber springen sie ein Stückchen, wenn sie auch keine richtigen Sprungbeine besitzen. Zumeist bewegen sie sich nur langsam schreitend fort. So näherte sich auch das Männchen dem Weibchen bis auf eine Entfernung von gut zehn Zentimetern.

Insekten
Gottesanbeterin

In diesem Abstand verharrten beide Tiere mehrere Minuten. Längst hatten sie einander entdeckt, ihre Köpfe waren einander zugewandt, jedes Tier beobachtete das andere. Und dann geschah es: Urplötzlich warf das Weibchen seine Fangbeine nach vorn, umgriff das Männchen und zog es in fester Umarmung dicht zu sich heran. Kopf an Kopf kam es sofort zur Begattung. Bewegungslos lagen die Leiber der beiden Tiere nebeneinander. Nur das Weibchen schien liebevoll an den Fangbeinen des Männchens herumzuknabbern.

Gottesanbeterin

Doch was war das? Etwas war heruntergefallen. Als wir näher und genauer hinschauten, sahen wir, dass das eine Fangbein des Männchens amputiert war. Das vordere Stück mit der großen Kralle fehlte; das Weibchen fraß gierig an dem Stumpf. Dann machte es sich an das andere Bein. Nach etwa zehn Minuten waren beide Vorderbeine aufgefressen. Was dann geschah, war das Grausigste - das Weibchen machte sich über den Kopf des Männchens her. Verblüffend war nur, dass der Liebhaber beim allmählichen Geköpftwerden - wie auch zuvor - keinerlei Reaktion zeigte. Gewiß, er saß fest im Schraubstock der Geliebten, aber er zuckte nicht einmal mit einem Bein.