Der Tanz, den man der Spinne unterschob

Taranteln gibt es in der ganzen Welt.

In Europa kann man verschiedene Arten treffen - unter anderem die spanische (die ich bei Toledo gefunden hatte), eine südfranzösische, die ihren Namen nach der Stadt Narbonne hat, und auch eine südrussische, die am Neusiedler See bei Wien noch selten - vorkommt. Den Namen hat die Tarantel aber von der süditalienischen Art, die nach der Stadt Tarent benannt ist: Lycosa tarentula, die Apulische Tarantel.

Die Stadt Tarent ist auch der Ort, wo der ganze Tarantel-Rummel, der dieser Wolfsspinne den Ruf kolossaler Giftigkeit eingebracht hat, seinen Anfang nahm. Das südliche Italien war schon immer für Bacchanalien aller Art zu haben, und die Veranstalter dieser unterhaltsamen Orgien umgingen ein Behördenverbot dadurch, dass sie den Gelagert ein wohltätiges Mäntelchen umhingen und als die Heilung von Tarantelbissen deklarierten. Ein Heilkundiger führte den "Patienten", der angeblich von einer Tarantel gebissen worden war, in einen Saal, in dem ein großes Orchester schon auf den Einsatz wartete. Man intonierte eine Reihe von flotten Weisen, um den in Depression verharrenden Patienten in Stimmung zu bringen. Doch erst bei der einzig richtigen Melodie sprang der Mann (oder die Frau) auf, stierte wild um sich, stieß Schreie aus und begann einen verrückten Tanz. Nach einer langen Weile sank der vom Tarantelfieber Befallene schweißtriefend nieder und wurde auf ein Lager gebracht, wo er einschlief. Nach einigen Tagen, während derer er hervorragend verpflegt wurde, konnte man ihn als geheilt entlassen.

Natürlich war auch damals ein Tarantelbiß nicht giftiger als heute, und wenn in unseren Tagen eine Begegnung mit dieser Spinne ziemlich harmlos verläuft, so liegt der Verdacht nahe, dass man damals nur viel Schau gemacht hat. Fahrendes Volk hatte sich wohl auf die Tarantelvorstellungen spezialisiert - nur um der prächtigen Verpflegung als Honorar für gute Tanzleistungen teilhaftig zu werden. Übriggeblieben von dieser Unterhaltung ist eine Tanzweise, die es auch heute noch in sich hat: die Tarantella.

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Spinnen