Die ersten Amerikaner

Zusammen mit dem Edelkrebs war auch der in vielen mitteleuropäischen Gewässern heimische Galizische Krebs oder Sumpfkrebs (Astacus leptodactylus) in seinem Bestand schwer geschädigt worden.

Flusskrebs
Flusskrebse atmen mit Kiemen, die von der Basis der zweiten und dritten Kieferfuße sowie der ersten vier Schreitbeinpaare in den Raum zwischen Panzer und Körper hineinragen. Das Atemwasser fließt an der Basis der Hinterbeine ein und wird am Ansatz der Fühler wieder ausgepresst.
Flusskrebs

Wegen seiner Seuchenanfälligkeit kam er für eine Wiederbesiedlung der leeren Krebsgewässer überhaupt nicht in Frage. Da hatte der deutsche Fischzüchter von dem Borne den Gedanken, Flusskrebse aus Nordamerika bei uns auszusetzen. Der Versuch begann 1890 mit tausend Amerikanischen Flusskrebsen (Orconectes limosus) in der Nähe von Frankfurt an der Oder. Er führte zu vollem Erfolg: Diese Tiere waren gegen die Krebspest immun. Durch natürliche Ausbreitung und den Besatz weiterer Gewässer ist der amerikanische Vetter unserer Flusskrebse weit über Mitteleuropa hinaus ein heimisches Tier geworden. Auch die Krebsfischerei lohnt sich wieder.

Siebzig Jahre nach dieser ersten Einbürgerung begann eine weiterer Versuch mit einer anderen Art und in einem anderen Teil Europas. Es ging um Schweden, das erst spät von der Krebspest betroffen worden war. Doch auch dort war die Wirtschaftlichkeit der Krebsfischerei inzwischen erheblich gesunken. Man sah sich nach geeigneten Neubürgern um. Den in Mitteleuropa erfolgreich verwendeten Amerikanischen Flusskrebs übersah man geflissentlich, weil er den anspruchsvollen Schweden wegen seiner geringen Muskelfleischmasse kein Ersatz für den Edelkrebs schien. Die Sachverständigen entdeckten schließlich den Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus) im Westen der USA. Dort war er 1916 mit großem Erfolg aus Küstenflüssen in den Tahoe-See der Sierra Nevada eingesetzt worden. Da er in Körpergröße und Geschmack dem europäischen Edelkrebs sehr gleicht, fiel die Wahl auf ihn.

Flusskrebs

1960 ergaben sich bei einem Versuch mit 56 Signalkrebsen in einem kleinen Gewässer gute Wüchsigkeit und Resistenz gegen die Krebspest. So wurden 1969 rund 60 000 erwachsene Signalkrebse nach Schweden geflogen und auf 70 verschiedene Gewässer verteilt. Heute ist dieser nordamerikanische Flusskrebs in Schweden heimisch und bringt Nutzen. Nach den guten Erfahrungen hat man auch in Österreich 2000 Signalkrebse ausgesetzt.

So besteht die Hoffnung, dass uns mit den eingebürgerten Flusskrebsen ein alteingesessener Tiertyp erhalten bleibt. Schließlich war der Krebs unseren Vorfahren sehr vertraut. Etliche Ausdrücke der Volkssprache beziehen sich auf die Flusskrebse So sagt man, jemand sei vom Sonnenbrand „krebsrot", was sich von der Rotfärbung des Krebspanzers beim Kochen herleitet. Und wenn einer keine Fortschritte macht, ist man gleich mit der Behauptung bei der Hand, er gehe im Krebsgang. Flusskrebse können sich durch ruckartiges Einkrümmen ihres Hinterleibes rückwärts fortbewegen. Wer aber meint, Krebse gingen immer bloß rückwärts - der täuscht sich sehr.