Die Raupen mit dem bösen Blick

Was tut ein Räupchen, um sich gegen das Gefressenwerden zu wehren? Es tarnt sich, treibt Maskerade und spritzt Gift. Manchmal hilft´s.

Raupe des Gabelschwanzes (Cerura vinula)
Raupe des Gabelschwanzes (Cerura vinula)
Insekten

Raupen sind das Larvenstadium der Schmetterlinge. Ihre Lebensäußerungen sind schlicht. Sie bestehen im Fressen, Verdauen, Wachsen, Schlafen und Häuten. Vorsorglich hat der Schmetterling seine Eier schon an der Futterpflanze abgelegt, so dass sich eine Raupe vom Ausschlüpfen bis zur Verpuppung in einem Schlaraffenland befindet. Alles an ihr ist auf dieses Heranmästen eingerichtet. Freßwerkzeuge und Verdauungsorgane sind am besten ausgebildet. Auch der Geschmack ist gut entwickelt: Viele Arten sterben lieber, als dass sie an ungewohntes Futter gingen. Dagegen ist es um die Augen sehr kümmerlich bestellt. Man nimmt an, dass eine Raupe optisch nur ein verschwommenes Bild von ihrer Umwelt hat.

Doch was nützt der Raupe ein Schlaraffenland, in dem ihr viele Feinde nachstellen? Für insektenfressende Säugetiere sind sie willkommene Beute. Viele Vogelarten ernähren ihre Brut fast ausschließlich mit Raupen. Raubkäfer sind rastlos auf der Suche nach ihnen. Und nicht zuletzt hat sich eine Reihe anderer Insekten darauf eingerichtet, die Raupen zur Aufzucht ihrer Kinder zu nutzen. Die Larven der Raupenfliegen und der Schlupfwespen fressen die Raupe von innen her auf. Die Raupe stirbt, und aus ihr oder ihrer Puppe schlüpft eine Schar erwachsener Parasiten, die sich gleich wieder auf die Suche nach neuen Raupen machen.

Um zu überleben, muß die Raupe eine ganze Reihe von Schutzvorrichtungen entwickeln. Überraschenderweise wirken die allermeisten dieser Schutzmaßnahmen - soweit wir sie kennen - nicht gegen Parasiten aus der Insektenwelt, sondern nur gegen Vögel und Säugetiere.

Viele Raupen schützen sich - wenigstens im Jugendstadium -, indem sie aus Fäden ein großes Nest spinnen, das sie erst verlassen, wenn sie schon groß sind. Andere haben lange Haare, die vor allem Vögel und Säugetiere abhalten. (Nur der Kuckuck frißt mit Vorliebe die haarigen Bärenraupen.)

Wieder andere haben giftige Haare - wie die Prozessionsspinner. Die werden schon beim geringsten Luftzug frei und erregen heftige Entzündungen - vor allem in den Augen.

Manche Eulenraupen (und auch andere) spucken einen schlechtschmeckenden, brennenden oder übelriechenden Saft aus, der ein sehr wirkungsvolles Verteidigungsmittel ist.