Orientierung mit Ultraschall und Echolot
Ich glaube, wir kommen weiter, wenn wir das so eindrucksvolle (und zweifellos sehr leistungsfähige) Gehirn des Delphins zunächst einmal in Beziehung zur Körpergröße bringen.
Dann sehen wir schnell, dass auf ein Kilo Fleisch beim Menschen doch noch ein bisschen mehr Grips entfällt als beim prächtigen Tümmler und dass das sofakissengroße Pottwalgehirn ganz gewiss keine freien Zellen zum Entwickeln einer eigenen Philosophie und Religion übrig hat, von denen einst der schon erwähnte Dr. Lilly fabulierte. Das Walgehirn hat genug damit zu tun, einen 20 Meter langen 15-Tonnen-Körper durch die Finsternis der Tiefsee zu lotsen. Der Pottwal ist nämlich zufällig jene Walart, die eine Stunde lang und bis zu tausend Meter tief zu tauchen vermag. Schon bei etwas normaler operierenden Walen oder Delphinen ist das Gehör - mit entsprechend großem Hirnanteil - der wichtigste Sinn. Wale und Delphine orientieren sich nämlich in trüben Gewässern, bei Nacht und ab einer gewissen Tiefe weitgehend mittels Ultraschall nach dem Echolot-Prinzip. Das ist zwar keine so einmalige Erfindung, denn die Fledermäuse - ohne je mensch-ebenbürtiger Intelligenz verdächtigt worden zu sein - praktizieren Ähnliches seit eh und je beim nächtlichen Insektenfang und beim Vermeiden von Hindernissen während des Dämmerungsflugs.
Aber im Wasser erfolgt die Schalleitung weit schneller und besser. Die von fast allen Zahnwalen beinahe ständig ausgestoßenen, für uns unhörbaren Ultraschallaute, deren Echo wieder aufgefangen und im Gehirn "umgearbeitet" wird, lassen sie - von Unterwasserfelsen, tückischen Fangnetzen oder ratternden Motorbootschrauben ganz abgesehen - selbst den Qualitätsgrad von Futterfischen auf weite Entfernung ermitteln. Sie leisten also weit mehr, als unsere Radargeräte mittels Elektrowellen zuwege bringen.
Dort liegen - unter anderem - die Fähigkeiten, die es wert sind, bestaunt (und erforscht) zu werden. Oder meinetwegen beim Thema Schwimmtempo, das zum Staunen aller Schiffsbautechniker weit höher ist, als es der Muskelleistung und idealen Stromlinienform nach eigentlich sein dürfte. Die Delphine tragen nämlich noch so ein paar Geheimrezepte zum Herabsetzen des Reibungswiderstandes in ihrer Haut mit sich herum, von denen wir gerade die ersten Schleier zu lüften beginnen.
Glauben Sie bitte nicht, dass ich Ihren geliebten Flipper vier Seiten lang mies machen wollte - mitnichten. Er hat noch genug Geheimnisse und Beneidenswertes auf Lager. Wer seit vielen Jahren täglich mit ihm arbeitet, kann durchaus zu einem Grad von Vertrautheit (sagen wir meinethalben ruhig "Freundschaft") mit ihm gelangen, der über die vielen Illustrierten-Flipperfreunde nur lächeln lässt. Nur suchen Sie bitte nicht nach einem Wörterbuch der "Delphinsprache" und sparen Sie sich damit alle jene Mätzchen, für die Herrn Dr. Lilly in den USA keine Mittel mehr bewilligt wurden. Dass viele Tiere - darunter auch der Delphin, von dem mittlerweile über 30 verschiedene Lautäußerungen registriert sind - über Lockrufe, Warntöne, Stimmfühlungslaute und so weiter verfügen, die von den Artgenossen in ihrer jeweiligen Bedeutung erkannt werden und also eine mehr oder minder deutliche Signal- oder Kommunikationswirkung haben, ist nur recht und billig, aber alles andere als sensationell. "Sprache" bedeutet die Möglichkeit zur Wiedergabe auch abstrakter Bewusstseinsinhalt, unabhängig von der Augenblickssituation, bedeutet zumindest in Andeutung Grammatik, Satzbau, Ausbausysteme. Erst wenn ein Delphin sagen könnte: "Du, gestern habe ich aber ein schickes Segelboot hinter der Sandbank gesehen!" - dann wäre es Sprache. Davon sind wir und die Delphine einstweilen noch weit entfernt.
Gott sei Dank, wie man beinahe sagen möchte. Denn es gibt schon so viele Menschen auf der Erde, dass man sich eigentlich nicht noch welche im Wasser wünschen oder erfinden sollte.