Große Sprünge mit leerem Beutel
Als Sportler sind sie olympiareif: In Hoch- und Weitsprung. Und im Boxen.
Es ist erstaunlich, was man sich von Kängurus erzählt: Dass sie boxen können wie Champions und riesige Sprünge machen; dass sie ihre Kinder noch im halberwachsenen Zustand im Beutel herumtragen . . .
Noch erstaunlicher, dass alle diese Geschichten wahr sind. Kängurus boxen wirklich. Als ich das zum erstenmal in einem amerikanischen Zirkus sah: Känguru mit Boxhandschuhen gegen Mann mit Boxhandschuhen, bewunderte ich diese meisterhafte Dressur. Später, auf der Farm meines Freundes Ed Wheeler bei Pooncarie in Australien, entdeckte ich: Der Hauptteil der Dressur hatte darin bestanden, dem Känguru das Treten mit den Hinterbeinen abzugewöhnen. Denn Boxtalente sind sie von Natur. Sie liefern sich untereinander Faustkämpfe - aus reinem Spaß oder aus Streitsucht. Und sie boxen, um sich zu verteidigen. Dann allerdings sind die wedelnden Vorderbeine oft nur Finte, um den Gegner abzulenken, und das Känguru wartet nur darauf, bis es seine Hinterbeine einsetzen kann. Auf den starken Schwanz gestützt, tritt es mit einem oder beiden Beinen blitzschnell zu. Solch ein Tritt ist gefährlich. Noch gefährlicher ist die eine faustgroße Zehe, die vierte an jedem Fuß, die eine rasiermesserscharfe Kralle trägt. Hunden, Dingos und Beutelwölfen, die ein Känguru angreifen, wird auf diese Weise oft die Bauchhaut aufgerissen. Auch Menschen ist das schon widerfahren, und eine solche Verletzung ist meist tödlich.
Häufig wehrt sich das Känguru gegen Hunde, die es hetzen, noch auf andere Art. Die Tiere - vor allem das Rote und das Graue Riesenkänguru, die man aus den zoologischen Gärten kennt und von denen wir hier sprechen - sind sehr ausdauernd. In zehn und zwölf Meter langen Sprüngen legen sie 30 (für kurze Zeit auch 50) Kilometer in der Stunde zurück - und das einen halben Tag lang.
Vom Hubschrauber aus konnten wir mehrfach mit ansehen, wie Dingos - wilde australische Hunde - Kängurus jagten. Nie sah es aus, als sei das Känguru ernsthaft in Bedrängnis. Meine australischen Freunde erzählten mir, dass ein verfolgtes Känguru häufig zielstrebig auf einen Fluss oder Teich zuhält. Dort, bis zur Brust im Wasser, dreht es sich gelassen um und wartet auf die Verfolger. Es empfängt die Hunde - einen nach dem anderen - mit offenen Armen, umklammert sie und drückt sie so lange unter Wasser, bis das Problem gelöst ist.