Mit Rückstoßantrieb

Ammonit
Dies ist eine Röntgenaufnahme vom Nautilus oder Perlboot (Nautilus pompilius) - einem Tier, das heute noch im Indischen und im Pazifischen Ozean zu Hause ist. Es lebt dort in Tiefen von hundert Metern und darunter. Die Kalkschale des Nautilus gleicht den fossilen Resten der Ammoniten sehr, und vermutlich besteht auch in den Lebensgewohnheiten manche Übereinstimmung. Doch muss man sich hüten, die Vergleiche zu eng zu fassen und schlankweg zu behaupten, der Nautilus sei ein Ammonit unserer Tage.

Ästhetisch schön ist die Form einer aufgeschnittenen Nautilusschale oder eine Röntgenaufnahme dieses Tiers: In sanft nach hinten geschwungener Wölbung zeigen sich die Kammerscheidewände.

Diese Wände sind in einer schlichten, geraden "Lobenlinie" an die Gehäusewand angewachsen. Bei den Ammoniten ist die Lobenlinie kompliziert verfaltet. Die Biegungen, die nach hinten weisen, nennt man Loben. Solche, die nach vorn auf die Mündung zeigen, heißen Sättel. Diese Loben und Sättel bieten die Möglichkeit, Fossilien nach Gattung und Art zu bestimmen. Warum die Lobenlinien oft so verfaltet waren, weiß man nicht. Vielleicht mussten sie das Gehäuse gegen den Außendruck der Meerestiefe abstützen.

Wenn man sich einen lebenden, in der Bodenzone des Meeres beheimateten Ammoniten vorstellen will, so kann man sich in manchem an das Bild unseres Zeitgenossen Nautilus halten - also an ein mit Armen versehenes, mit einem Rückstoßtrichter ausgerüstetes Weichtier. Es ist nicht ganz klar, wie viele Arme die Ammoniten hatten. Wenn sie nahe mit dem Nautilus verwandt waren, müssen sie relativ viele Arme gehabt haben; er hat etwa neunzig. Allerdings sind dies keine ausgesprochenen Arme, sondern an weichkörperigen Ringen sitzende Cirren: rankenförmige Körperanhänge. Professor Stürmer hat jedoch Röntgenaufnahmen vorgelegt, auf denen Weichteilreste von Ammoniten zu sehen sind, die als Arme gedeutet werden können; demnach scheinen diese Tiere - so wie die übrigen heute lebenden Kopffüßer - nicht mehr als zehn Arme gehabt zu haben.

Ammoniten

Cephalopoden oder Kopffüßer, zu denen auch die Ammoniten gehören, bewegen sich im Wasser nach dem Rückstoßprinzip. Der Rückstoß wird durch einen Trichter bewirkt, der eingedrungenes Wasser mit Muskelkraft wieder ausstößt; dadurch schnellt das Tier rückwärts davon. Früher nahm man an, dass Ammoniten um so rascher durchs Wasser geschossen seien, je flacher das Gehäuse war und je weniger Widerstand es bot. Heute glaubt man das nicht mehr, denn ein flaches Gehäuse kann auch nur ein kleines "Rückstoßaggregat" in sich bergen. So konnte mangels Schubkraft die Wasserschnittigkeit nicht voll ausgenutzt werden.

Der Trichter liegt beim Nautilus in der Mittellinie. Es gibt aber viele Ammoniten, bei denen das Gehäuse in der Mittellinie zu einer Art Sporn ausgebuchtet ist, der die Beweglichkeit des Trichters eingeschränkt haben würde. Man schließt deshalb nicht aus, dass Ammoniten zwei Trichter besessen haben - einen links und einen rechts des Sporns. Genau weiß man das nicht. Nirgends sind Ammoniten-Weichteile so gut erhalten, dass man beweisbare Schlüsse ziehen könnte.

Eine Entdeckung hat die Ammonitenforschung in den letzten Jahren um ein großes Stück weitergebracht: die Entdeckung der sogenannten Radula. Sie ist bei Schnecken das wichtigste Organ zur Nahrungsaufnahme: ein Raspelorgan in Form einer Zunge. Es besteht aus vielen (bis zu 72 000) Zähnchen. Schnecken zerkleinern damit ihre Nahrung und schaffen sie mit Hilfe der nach hinten gerichteten Zähnchen in den Schlund. Auch die heute lebenden Kopffüßerbesitzen eine solche Radula, doch ist für sie der scharfe Hornschnabel wichtiger, weil sie sich nicht von Pflanzenstoffen ernähren, sondern Tierisches packen müssen.