Der Kaiserpinguin erträgt die größten Strapazen

Pinguine sind erstaunliche Tiere. Uns sind sie sympathisch, weil sie so menschenähnlich aussehen und sich scheinbar auch so benehmen.

Wie würdige Herren im Frack stehen sie herum und tun offenbar gar nichts. Dies freilich täuscht. Das Herumstehen in großen Scharen, das immer so aussieht, als hätten Pinguins gerade einen Cocktailempfang, ist nur ein Vierteljahr lang die typische Lebensform. Die übrigen neun Monate leben die Vögel im Wasser, das ihr heimatliches Element ist. Dort bewegen sie sich flink wie Delphine (und wie diese springen sie in elegantem Bogen über den Wasserspiegel), dort finden sie den Krill - winzige, eiweißreiche Krebschen und kleine Fische. An Land gehen sie nur zum Brüten und zur Aufzucht der jungen. Während dieser Zeit leben sie in Kolonien, die riesenhafte Ausmaße annehmen können. Die größte Kolonie von Adelie-Pinguinen (sie heißen so nach der Frau ihres Entdeckers) sah ich in der Antarktis auf der Halbinsel Cape Adare. Dort stand etwa eine Million Pinguine herum. Schon von weitem machten sie sich lautstark bemerkbar. Vom Schiff aus hörte ich das Geschrei. Und wenn man sie nicht hören würde, könnte man sie auf jeden Fall riechen. Der Duft nach Fisch und Krill wird einem unmißverständlich in die Nase geweht.

Ich persönlich mag die Adelies am liebsten, weil ich sie am originellsten finde. Sie scheuen die Menschen nicht und sehen wohl so etwas wie einen größeren Bruder in ihm. Allzu groß darf man ihnen allerdings nicht kommen. Sonst werden sie mißtrauisch. Wenn man sich aber etwas bückt, kann man unbehelligt und ohne Panik zu verursachen durch eine Pinguinkolonie gehen - falls man genügend Platz für seine Füße findet. In den Kolonien von Pinguinen geht es nämlich oft sehr eng zu. Adelies brüten (im Gegensatz etwa zum größeren Kaiserpinguin) nur auf eisfreien Stellen, und die sind in der Antarktis selten. Dennoch herrscht ein strenges Platzreglement. Innerhalb der Großkolonien, bei denen die Zahl der Vögel in die Millionen gehen kann, gibt es abgegrenzte Kleinkolonien von jeweils 200 bis 300 Pinguinen. Dort hat jede Familie ihren festen Platz zeitlebens. Pinguine sind treu, ihren Partnern ebenso wie ihrem Brutplatz. jede Familie besteht darauf: So weit der scharfe Schnabel reicht, gehört der Boden ihr.

Der Kaiserpinguin baut zwar kein Nest (wie der Königspinguin brütet er sein Ei nur eines - auf dem Fuß aus), aber er betreut das Ei 62 bis 64 Tage lang weitab von aller Nahrung, bis seine Frau ihn ablöst und die Aufzucht des Jungvogels übernimmt. Weil er so extreme Strapazen erträgt, ist der Kaiserpinguin für die amerikanischen Wissenschaftler in der Antarktis das geeignete Studienobjekt. Forscher und Vogel freunden sich dabei oft an. Ich habe in der amerikanischen Forschungsstation mehrfach gesehen, wie solch ein metergroßer Kaiserpinguin seinen Betreuer mit lautem Zuruf begrüßte, sobald er ihn nur von weitem sah, und gutmütig alles mit sich geschehen ließ.

Schlimmes geschieht ja auch nicht. Vor allem untersucht man den Energiehaushalt dieser Tiere. Wieviel Nahrung muß ein Pinguin aufnehmen? Wieviel Sauerstoff verbraucht er? Er ist ja ein Warmblüter wie der Mensch. Zwar hat er ein dichtes Federkleid und darunter eine mächtige Speckschicht (das lateinische pinguis bedeutet fett), aber er muß dennoch beständig seinen Körper heizen, indem er Nahrung verbrennt. Wie macht er das ökonomisch - bei antarktischer Kälte?

Kaiserpinguin
Kaiserpinguin
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