Sie erkennen sich am Flügelzucken

Ein weiteres Kuriosum am Mauerläufer ist sein Flügelzucken. Wenn dieser Vogel an einer Felswand oder Mauer hängt, so fällt er gar nicht ins Auge, weil sein Rückengefieder eintönig blaugrau gefärbt ist.

Vögel

Während des Kletterns und Umherhüpfens sieht man jedoch auf seinen Flügeln leuchtend weiße Punkte kurz aufblitzen; auch die rote Fläche vergrößert sich dabei. Dieses Flügelzucken dient offenbar dem gegenseitigen Erkennen, dem Kontakt mit Artgenossen - in der Brutzeit vor allem mit dem Partner. Der Mauerläufer ersetzt durch diese Bewegungen das, was andere Vögel mit ihren Stimmfühlungsrufen tun, mit denen sie unentwegt den Artgenossen ihren Standort kundgeben. Rufkontakte haben unter Mauerläufern wenig Sinn. Man braucht nur einen dieser Vögel, der in der Schlucht eines rauschenden Gebirgsbachs brütet, mit dem Fernglas zu beobachten. Da sieht man manchmal, wie er den Schnabel auf- und zumacht, also eindeutig singt. Aber das Brausen des Bachs verschluckt die Töne vollkommen. Man kann den durchaus melodischen Gesang dieses Vogels nur aus der Nähe hören.

Über die Brutbiologie der Mauerläufer war bis vor kurzem nur ganz wenig bekannt. Sie sind wohl die einzigen einheimischen Singvögel, bei denen man lange Zeit keine sicheren Fakten über die Brutdauer hatte - ebensowenig über die Zeit, die die Jungen im Nest verbringen. Kein Wunder: Mauerläufer bauen über Nacht ihr Nest in einer Felsspalte oder in einem Felsloch. Die Bruthöhle ist nur für geübte Kletterer erreichbar. Man war also, wie auch in manch anderen Fällen, darauf angewiesen, diese Vögel in der Gefangenschaft zu halten und zur Nachzucht zu bringen. Das erwies sich als sehr schwierig. Erst vor einigen Jahren gelang die Nachzucht in einer Voliere der Vogelwarte Radolfzell. Es zeigte sich dabei, dass die Mauerläufer ungewöhnlich lange brüten müssen, bis die Jungen schlüpfen: rund 19 Tage. Die meisten Kleinvögel brauchen dazu nur etwa 13 Tage. Noch länger dauert es, bis junge Mauerläufer ausfliegen, nämlich mindestens vier Wochen. Amseln verlassen das Nest schon mit 13 bis 14 Tagen; bei Meisen, die in geschützten Baumhöhlen aufwachsen, dauert das 19 bis 20 Tage.