Rotkehlchen sind nicht sehr heikel

Teichrohrsänger geben häufig ihr Gelege auf, wenn ein Kuckucksei dazugelegt wurde; manchmal bauen sie dieses Ei sogar ein, indem sie einfach weiteres Nistmaterial darüber aufschichten.

Nest der Heckenbraunelle
Nest der Heckenbraunelle

Rotkehlchen sind nicht sehr heikel gegenüber etwas anders gefärbten Kuckuckseiern. und gänzlich unempfindlich ist die Heckenbraunelle, die jedes noch so abweichend gefärbte Ei annimmt und bebrütet. Man kann hier also alle Stufen der Auslese finden: Wirtsvogelarten, die offenbar schon lange vom Kuckuck heimgesucht worden sind und eine große Empfindlichkeit gegenüber andersartigen Eiern entwickelt haben, und solche, denen die Fähigkeit, Fremdeier zu unterscheiden, vollständig fehlt.

Außerdem sind nicht alle Vogelarten, bei denen irgendwann einmal ein Kuckucksei gefunden wurde, tatsächlich auch Wirtsvögel. Bisher wurden in der Wissenschaft mehr als 120 Wirtsvogel aufgeführt. Und das ist ein weiterer Irrtum (Nummer fünf). Denn vielfach handelt es sich um Arten, die gar nicht imstande sind, jemals einen jungen Kuckuck aufzuziehen, weil ihre Nahrung nicht aus Insekten, sondern aus Samen besteht. Die Zahl der wirklichen Wirtsvogel ist also wesentlich geringer.

Vögel

In der Kuckucksforschung hat man sich die oft vorhandene Ähnlichkeit der Eier mit denen der Wirtsvögel zu erklären versucht. Man nahm an, dass die Kuckucksweibchen immer nur Wirtsvögel von der Art wählen, bei der sie selbst aufgezogen worden sind. Man hat weiter angenommen, dass die Eifarbe eines Weibchens auf die Töchter vererbt werde - ohne Einfluß der Männchen. Im Lauf der Zeit wurde diesen Fragen die Antwort so selbstverständlich unterstellt, als handele es sich um erwiesene Tatbestände. In Wirklichkeit weiß man darüber sehr wenig. Wohl bei keinem anderen einheimischen Vogel wurden so häufig reine Vermutungen als Tatsachen ausgegeben wie bei unserem Kuckuck.

Völlig ungeklärt ist schließlich die Frage, ob das Kuckucksweibchen sein Ei unmittelbar ins Wirtsvogelnest legt oder ob es das Ei vorher legt und dann mit dem Schnabel ins Nest transportiert. Die zweite Möglichkeit wird zwar immer wieder behauptet, aber es gibt dafür bis jetzt keine gesicherte Beobachtung. Meist glaubten die Beobachter einfach, ein Kuckucksei könne unmöglich anders als mit dem Schnabel ins Nest gebracht worden sein. Die Beobachtung ist freilich schwierig, weil der Kuckuck, um Platz zu schaffen, vorher mindestens ein Ei des Wirtsvogels in den Schnabel nimmt und davonträgt. Kuckucksweibchen mit Eiern im Schnabel sind also nichts Seltenes. Aber sie haben noch keinem verraten, ob es sich dabei um das eigene Ei handelt.