Brust raus!
Große, sanfte Augen hat es - wie ein Märchentier. Man könnte diesen Vogel des schummrigen Waldes für ein Seelchen halten, das niemandem ein Haar krümmen kann. Doch das täuscht.
Meine Bekanntschaft mit dem Rotkehlchen verdanke ich einem Stück Ofenrohr.
Das kam so: Bei einem spätherbstlichen Spaziergang durch unseren Wald traf ich auf einen Mitarbeiter des Deutschen Bundes für Vogelschutz, der damit beschäftigt war, die Nistkästen von den Bäumen zu nehmen, sie gründlich zu reinigen und für die Brutperiode im nächsten Frühjahr bereit zu machen. Wir unterhielten uns über die verschiedenen Vogelnester, und der Mann erzählte mir eine Menge Wissenswertes, Daß der Grünfink dickwandige, umfangreiche Kinderwiegen baut, der Distelfink ein gut geflochtenes Nest, der Hänfling eines aus dünnen Halmen, Wurzeln, Haaren und Federn. Der Dompfaff baut im Fichtendickicht; der Buchfink fertigt einen Kunstbau aus Grashalmen, Fasern, Moos und Flechten in Bäumen; die Mönchsgrasmücke setzt ihre Kinderwiege ins Unterholz, gut mit Haaren gepolstert, etwa dreiviertel Meter hoch, die Singdrossel fertigt einen Napf wie eine halbe Kokosnuß und zieht ihre Jungen im Fichtendickicht groß; der schöne, gelbe Pirol hängt sein Nest in einer Astgabel freischwebend an Bastfasern auf, Kleiber mauern den Einschlupf einer Baumhöhle bis auf knappe drei Zentimeter zu, damit zwar sie passieren können, aber nicht etwa ein Star; das Rotkehlchen sucht sich zur Eiablage eine Höhlung im Unterholz am Boden oder in geringer Höhe aus.