Vermenschlichung der Natur - heute wie ehedem

Der vierte Abschnitt des "Physiologus" über den Pelikan lautet, ins Deutsche übersetzt, so: Die neugeborenen Pelikane schlagen ihre Eltern ins Gesicht, und diese schlagen deshalb ihre Jungen und töten sie.

Pelikane

Dann aber erbarmen sich die Eltern, und am dritten Tag öffnet die Mutter ihre Seite und lässt ihr Blut auf die toten Jungen träufeln, wodurch diese wieder lebendig werden. Ebenso erbarmt sich Gott nach dem Sündenfall der Menschheit und erweckt sie durch die Vergießung seines Blutes am Kreuze zum ewigen Leben.

Vögel

Wahrscheinlich besteht der reale Hintergrund in der Beobachtung, dass der Pelikan seine halb verdaute Fischnahrung wieder herauswürgt, den Schnabel, der sie enthält, gegen die Brust presst und so den Jungen gestattet, die Fische, die sie selber noch nicht fangen können, dieser elterlichen Krippe zu entnehmen.

Vermutlich werden Sie, lieber Angehöriger einer sachlichen Epoche, über diese naive Frömmigkeit lächeln. Aber noch der berühmte französische Naturforscher Buffon aus dem 18. Jahrhundert, das sich stolz das Jahrhundert der Aufklärung nannte, behauptete allen Ernstes, Gott habe die Apfelsine in Schnitze eingeteilt, damit beim häuslichen Nachtisch jedes Familienmitglied seinen gerechten Anteil erhalte. Man sieht: Die menschlichen Ideale haben sich geändert, aber geblieben ist die alte Vermenschlichung der Natur. Und sind nicht Micky Maus, Donald Duck und die ganze Disney-Schar dem sprechenden Esel des Bileam sehr verwandt und mehr menschlich als tierisch?